Linke Strategien in der Eurokrise

Von Mario Candeias unter Mitwirkung von Cornelia Hildebrandt, Etienne Schneider, Thomas Sablowski, Horst Kahrs, Judith Dellheim, Erhard Crome und Sabine Reiner

24.05.2013 / RLS-Analysen, Mai 2013

Mit Blick auf die Streichung von Schulden fordern Troost und Wagenknecht (2013): «Um den Schaden für die öffentlichen Kassen zu begrenzen, müssen die Banken und Hedgefonds sofort zum Verzicht ihrer verbliebenen Forderungen gegen Griechenland gezwungen werden.»Im Entwurf des Programms der LINKEN zur Bundestagswahl 2013 heißt es, dass «Schulden mindestens soweit gestrichen werden [sollen], wie sie auf die Bankenrettung zurückgehen. Die Einlagen der Kleinsparer und das seriöse Kreditgeschäft der Banken sind dabei öffentlich abzusichern» (DIE LINKE 2013).

Einigkeit besteht auch bei der Einschätzung der billionenschweren Liquiditätsspritzen für Banken, verbunden mit der Hoffnung, diese würden wiederum auf den Primärmärkten direkt Staatsanleihen der Krisenstaaten aufkaufen, was zu einer Senkung der entsprechenden Zinssätze führen würde. Es ist absurd und nicht einzusehen, dass sich Banken billig bei der EZB Geld leihen können, um es anschließend teuer an die Staaten weiterzuverleihen. Statt den Banken damit risikolos Zinseinnahmen – staatlich subventionierte Extraprofite – zu ermöglichen, wäre es sinnvoller und günstiger, Krisenstaaten direkt über die Zentralbank zu geringen Zinsen zu refinanzieren. Nicht nur ein Teil, sondern die gesamte Liquidität sollte für Staatsanleihen verwendet werden: Die Zinsen für die Krisenstaaten wären niedriger, und die Zinseinnahmen würden an die EZB zurückfließen. Troost und Wagenknecht fordern daher: «Die Staaten brauchen in einem definierten Rahmen denselben Zugang zu billigen Krediten bei der EZB [...] und solidarische Gemeinschafts-Anleihen aller Staaten (Euro-Bonds).» Die öffentliche Kreditaufnahme soll «von der Diktatur der Finanzmärkte» befreit werden, und die Europäische Zentralbank soll die Staaten in der Eurozone in einem festgelegten Rahmen direkt finanzieren.
(S.17)

Inhalt

  • 1 Autoritärer Neoliberalismus und Postdemokratie in der Europäischen Union S.5 
    • 1.1 Surfen auf der Krise: die Exportökonomie der Bundesrepublik S.6
    • 1.2 Perspektive für die Krisenländer? S.9
    • 1.3 Sonderwirtschaftszone Südeuropa? S.12
  • 2 Europa.links? (Divergierende) Positionen der Partei DIE LINKE – eine Synopse S.15
    • 2.1 Kurzfristige Krisenintervention S.15
    • 2.2 Finanzmarktregulierung und öffentliches Bankensystem S.17
    • 2.3 Europäische Ausgleichsunion S.21
    • 2.4 Marshallplan, europäische Industriepolitik und sozial-ökologischer Umbau S.22
    • 2.5 Gerechte Steuern: Reichtum ist teilbar S.24
    • 2.6 Sozialkorridore und Mindeststandards S.25
    • 2.7 Exit – Ausgewählte Positionen jenseits der Partei S.26
  • 3  Die Neugründung Europas S.29
    • 3.1 Zwischen Pro-Europa und Euroskepsis S.29
    • 3.2 Die Verdichtung gesellschaftlicher Mobilisierung S.31
    • 3.3 Strategische Unterbrechung S.34
    • 3.4 Mehrheiten gewinnen im Herzen der Bestie? S.35
  • Literatur S.38