Die Euro-Misere am Wirtshaustisch

Axel Troost bringt Licht in ökonomisches Dunkel / Besucher äußern Kritik – auch am Zustand der Linken

28.06.2012 / (Von Klaus Bischoff, Märkische Allgemeine

„Der Euro war von Anfang an eine Fehlkonstruktion“, stellte der jüngst in Göttingen zum Vize-Parteichef aufgerückte finanzpolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion Axel Troost Montag im Mittenwalder „Deutschen Haus“ fest. Denn der Gemeinschaftswährung fehle die dazugehörige gemeinsame Wirtschafts-, Finanz- und Lohnpolitik.

Immerhin ermögliche sie dem Exportweltmeister Deutschland Überschüsse zu erwirtschaften, die bei anderen Fehlbeträge ergäben. Eingängig klingt es, wenn der kräftige Mann mit dem grauen Kinnbart den Weg in die Finanzmisere schildert. Am Kompromiss zum Fiskalpakt lässt er kein gutes Haar. Die Finanztransaktionssteuer diene nicht der Armutsbekämpfung, Wachstumsimpulse seien marginal und der Pakt selbst für alle Ewigkeit angelegt: „Deswegen bringen ihn die Linken vor das Bundesverfassungsgericht.“

Statt mit Sparauflagen die Wirtschaft zu zerstören, sei Wiederaufbaupolitik das Gebot der Stunde. „Und wir brauchen“, so Troost, „eine Form der übernationalen Haftung. Sie muss nicht unbedingt Eurobonds heißen, wenn die Kanzlerin von diesem Begriff Pickel kriegt.“

Mit fester Stimme übertönt der Redner das Klingen der Gläser und das Klappern der Messer und Gabeln im gut besuchten Saal der Gaststätte, immer wieder unterstreicht er mit beiden Händen die Wirkung seiner Argumente, würzt sie mit Verweisen auf Parteivorstand und Bundestagsfraktion. Deren „Plan B“ zum sozialökologischen Umbau, bemerkt er, sei „nicht so hingerotzt wie manches andere.“ Beiläufig führt der Gast einen Leitsatz Altkanzler Helmut Schmidts ad absurdum und verleiht seinem Vortrag mit Episoden aus Luxemburgs Zentralbank oder von einer Visite bei einem US-amerikanischen Finanzhai Farbe.

Aufmerksam hören ihm die überwiegend älteren Besucher bei Bier und Brause zu, einige fertigen sich Notizen an. Die Fragen, die sie danach stellen, zeugen von Sachkunde, aber auch von dem Wunsch, für Auseinandersetzungen auf schwierigem Terrain argumentativ aufgerüstet zu werden.

Das Fazit fällt verschieden aus. Viele loben den Versuch, eine komplexe Materie analytisch und parteilich zu durchdringen. „Es war ein gewinnbringender Abend“, sagt Harald Wendler aus Bestensee. „Troost hat Zusammenhänge umfassend beleuchtet, die sonst nur einseitig dargestellt werden.“ Andere sind kritischer. „Für den alltäglichen Meinungsstreit kam nicht viel Hilfreiches heraus“, meint Werner Winkelmann. Enttäuscht äußert sich Peter Kretschmann: „Alternativen habe ich keine gehört, nur Sprechblasen“, bemängelt er.

Grundsätzliche Kritik brachte kurz vor Schluss eine Besucherin vor. „Wir sind zu leise. Wir kommen nicht mehr an die Jugend heran. Bewegungen wie Occupy finden ohne uns statt“, hielt sie ihren Genossen vor. „Mit Themen wie der Euro-Krise ist keine Wahl zu gewinnen“, entgegnete Troost. Gastgeber Werner Hannig, Vorsitzender des Linken-Stadtverbandes, blieb es vorbehalten, einen optimistischen Ton einzubringen. „Wir an der Basis nehmen unsere Verantwortung wahr, egal wie sich die Vorstände streiten“, versicherte er.