Mehr Geld für Kommunen

04.02.2012 / FOLDER, Linksfraktion im Deutschen Bundestag

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Leben findet in den Kommunen statt. Bürgerinnen und Bürger können aber nur dann ihr Umfeld gestalten, wenn Geld in den Kassen ist. Daran aber hat die Bundesregierung kein Interesse. Das zeigt sich an dem kläglichen Laienspiel der Gemeindefinanzkommission. Gut dass der Vorhang gefallen ist. Die Gewerbesteuer – die wichtigste eigene Einnahmequelle der Kommunen – bleibt. Die Probleme sind damit aber keineswegs gelöst. DIE LINKE setzt sich daher in Bund und Ländern für eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen ein.


Mit solidarischen Grüßen,

Ihre Katrin Kunert, Kommunalpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE
Ihr Axel Troost, Finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE

Finanznot der Kommunen ist nicht hausgemacht

Das kommunale Defizit betrug im vergangenen Jahr 7,7 Milliarden Euro und war somit das zweithöchste Defizit in der Geschichte der Bundesrepublik.

Besonders dramatisch ist für die Kommunen der Stand der laufenden Kassenkredite. Sie belaufen sich auf derzeit über 40 Milliarden Euro und sind damit seit dem Jahr 2004 um 100 Prozent gestiegen. Das heißt, dass die Kommunen die laufenden Ausgaben, beispielsweise für Personal, Kultur und Bolzplätze, seit Jahren mit Dispo-Krediten finanzieren.

Hauptursache für die prekäre Lage der Kommunalfinanzen ist die fortgesetzte Steuersenkungspolitik, die von der Regierung aus SPD und Grünen vor zwölf Jahren begonnen wurde und seitdem von CDU/CSU und SPD und aktuell von CDU/CSU und FDP fortgesetzt wird. Die Folgen sind umfassend: eine gigantische Umverteilung von unten nach oben und Milliarden Euro Einnahmeverlusten für die öffentliche Hand.

Infolge des enormen Einnahmedefizits haben die Kommunen immer weniger öffentliche Mittel für Investitionen in die öffentliche Infrastruktur eingesetzt. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Urbanistik beträgt der Nachholbedarf bis zum Jahr 2010 sagenhafte 700 Milliarden Euro.

Bund und Länder haben den Kommunen in der Vergangenheit Aufgaben übertragen, ohne für eine gesicherte Finanzierung zu sorgen.

Zusätzlicher Druck auf die kommunalen Haushalte entsteht durch die sogenannte Schuldenbremsenregelung im Grundgesetz. Bund und Länder werden in Zukunft dadurch noch stärker als bisher Kürzungen in ihren Haushalten vornehmen müssen. Das wird auch zu Lasten der Kommunen gehen.

Umverteilung von unten nach oben beenden

Durch die Steuersenkungspolitik der letzten zwölf Jahre sind den Kommunen gigantische Defizite entstanden. Zwar wurden kleine und mittlere Einkommen steuerlich stärker belastet. Reiche und Konzerne erhielten jedoch so große Steuergeschenke, dass in der Folge die Einnahmen der Kommunen sanken.

Mit der Wirtschafts- und Finanzkrise gab es weitere Einbrüche. Zwar sind die Einnahmen aus der Gewerbesteuer im Jahr 2010 um zehn Prozent gestiegen, sie haben aber trotz der positiven Konjunkturentwicklung nicht mal den Stand erreicht, den sie vor der Krise hatten. Hierbei wird das Versagen der Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP samt ihrer Gemeindefinanzkommission besonders deutlich, die die Probleme der Kommunen einfach aussitzt.

Obwohl die Kommunen mehr Aufgaben erfüllen müssen, ist deren Anteil am Gesamtsteueraufkommen nach wie vor zu niedrig.

Bund in die Verantwortung nehmen

Während die Einnahmen wegbrechen, steigen die Sozialausgaben in rasantem Tempo. Im Jahr 2010 wurde ein Rekordstand von 42 Milliarden Euro erreicht, Tendenz steigend. Zwar wird der Bund die Kommunen schrittweise bei den Kosten für die Grundsicherung im Alter entlasten. Diese machen aber weniger als zehn Prozent der Sozialausgaben aus. Keine Verbesserungen sind bei den Kosten der Unterkunft und Heizung für Hartz-IV-Beziehende in Sicht. Die suggerierte Erhöhung des Bundesanteils dient in Wirklichkeit nur dem Ausgleich für das Bildungs- und Teilhabepaket.

Tatsächlich ist die Belastung durch die Kosten der Unterkunft für die Kommunen immer noch unverändert hoch. Enorme Baustellen finden sich auch bei den Ausgaben für die Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderungen sowie bei der Kinder- und Jugendhilfe.
Daher muss der Bund bei den Sozialausgaben in die Verantwortung genommen werden.

Die Zeit ist reif für Alternativen

Vielerorts befinden sich die Kommunen in einer sogenannten Vergeblichkeitsfalle: Trotz starker Haushaltskürzungen werden sie vor allem von Kreditfinanzierungskosten erdrückt. Daher muss sich was ändern. Diese Erkenntnis setzt sich mittlerweile auch unabhängig von parteipolitischer Bindung in den Kommunen mehr und mehr durch. Ein Beispiel hierfür ist das Aktionsbündnis »Raus aus den Schulden – Für die Würde unserer Städte«.

Eine Verbesserung der kommunalen Finanzlage kann nur durch eine Veränderung der Einnahme- und Ausgabesituation bewirkt werden.

Die Fraktion DIE LINKE fordert:

Die Gewerbesteuer, die wichtigste kommunale Steuer, muss zu einer Gemeindewirtschaftssteuer weiterentwickelt werden. Alle unternehmerisch Tätigen mit höherem Einkommen sollen einzahlen, sie können die gezahlten Steuern dann aber von der Einkommensteuerschuld wieder abziehen. Zusätzlich sollen die Erträge unter anderem aus Pachten, Mieten und Leasingraten künftig einbezogen werden.

Das Gesamtsteueraufkommen muss erhöht werden, wobei kleine und mittlere Einkommen entlastet werden sollen. Vermögens- und Finanztransaktionssteuer müssen eingeführt werden. Die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen müssen neu geordnet werden. Der kommunale Anteil am Gesamtsteueraufkommen von zurzeit rund 13 Prozent muss entschieden erhöht werden. In den skandinavischen Staaten beträgt dieser Anteil 40 bis 60 Prozent.

Der Bund muss garantieren, dass bei der Erweiterung kommunaler Aufgaben durch Bundesgesetze strikte Konnexität eingehalten wird. Das heißt, dass die Aufgaben der Kommunen durch den Bund nur dann erweitert werden können, wenn zugleich die Finanzierung der Aufgaben sichergestellt ist (»Wer die Musik bestellt, bezahlt.«).

Die Situation der Kommunalfinanzen ist auch ein Symptom für politische Fehlentscheidungen. Ein Beispiel ist der fehlende Mindestlohn. Mit dessen Einführung würden sich die Sozialausgaben reduzieren und das Steueraufkommen erhöhen.

Soforthilfen

  • Sofortige Abschaffung der Gewerbesteuerumlage an den Bund sowie schrittweise Abschaffung der Gewerbesteuerumlage an die Länder
  • Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zur Gemeindewirtschaftssteuer
  • Kommunale Investitionspauschale aus Bundesmitteln für Kommunen in strukturschwachen Regionen
  • Soforthilfen für Kommunen in Nothaushaltslagen


Mittel- und langfristige Maßnahmen

  • Aufnahme eines strikten Konnexitätsprinzips zugunsten der Kommunen in das Grundgesetz
  • Angemessene Beteiligung des Bundes an der Finanzierung gesamtstaatlicher Aufgaben
  • Grundsätzliche Neugestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen
  • Rücknahme der Schuldenbremse
  • Einführung eines verbindlichen Mitwirkungsrechts der Kommunen im Gesetzgebungsverfahren des Bundes


Anteil der Steuereinnahmen an den kommunalen Gesamteinnahmen 2010 (166 Milliarden Euro)
Quelle: Dienstleistungsgewerkschaft ver.di

  • Gebühren: 16 Milliarden Euro (9 %)
  • sonstige Einnahmen: 27 Milliarden Euro (16 %)
  • Gewerbesteuer: 24 Milliarden Euro (15 %)
  • Zuweisungen von Land/Bund: 63 Milliarden Euro (38 %)
  • Einkommenssteueranteil: 22 Milliarden Euro (14 %)
  • sonstige Steuern: 14 Milliarden Euro (8 %)