Finanztransaktionssteuer endlich durchsetzen

Gesine Lötzsch und Axel Troost

12.01.2012

Nach dem Vorstoß des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der Eurozone hat Bundeskanzlerin Angela Merkel vorsichtig Zustimmung signalisiert, sich aber zugleich ein Hintertürchen offen gelassen. Sie sei zwar "persönlich" für eine Finanztransaktionssteuer, aber in der schwarz-gelben Regierung gebe es keine Einigkeit in dieser Frage. Die FDP lehnt die Steuer ab. Gesine Lötzsch forderte die Kanzlerin auf, Deutschland und Europa nicht länger "zur Geisel einer sich in Auflösung befindlichen Partei" zu machen. Die Fraktion DIE LINKE fordert seit langem eine Finanztransaktionssteuer.

Sarkozy ist offenbar bereit, die Finanztransaktionssteuer auch im Alleingang in Frankreich bis März einzuführen. Gesine Lötzsch, Parteivorsitzender der Partei DIE LINKE und haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion, unterstützt den Kurs von Sarkozy: "Es ist richtig, dass der französische Präsident jetzt die Blockade bricht und Frankreich zum Vorreiter bei der Einführung der Finanztransaktionssteuer macht. Wenn Deutschland ihm folgt, dann entsteht mit Sicherheit eine Dynamik, der sich die anderen Euro-Länder nicht entziehen können. Merkel sollte die Interessen des Landes vor den Koalitionsfrieden stellen und die Finanztransaktionssteuer auch ohne die Zustimmung der FDP einführen." Alle anderen Parteien im Bundestag seien dafür. Die Fraktion DIE LINKE werde im Parlament für die Einführung stimmen.


Lange hatte die Bundeskanzlerin die Einführung einer Finanztransaktionssteuer mit der Begründung abgelehnt, dass die Börsensteuer weltweit oder zumindest in ganz Europa eingeführt müsse. Nur so könne verhindert werden, dass Händler an Finanzplätze ausweichen, an denen nicht besteuert wird. Auf europäischer Ebene wehrte sich insbesondere Großbritannien gegen eine Finanztransaktionssteuer, um den Finanzplatz London zu schützen, und machte mit dieser Haltung aus Sicht der Kanzlerin die Einführung vermeintlich unmöglich. Die Liberalen vertreten bis heute diese Position.


Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, ist jedoch davon überzeugt, dass "eine schnelle Einführung der Steuer möglich und überfällig ist". Befürchtungen vor Abwanderung zum Beispiel an asiatische Finanzplätze seien nicht nachzuvollziehen, hatte er bereits im Juni vergangenen Jahres erklärt: "In China wird eine Finanztransaktionssteuer in Höhe von 0,1 Prozent erhoben, die ein jährliches Aufkommen von etwa 6 Milliarden Euro erbringt." Und auch Großbritannien erhebe seit Jahrzehnten in Form der "Stamp Duty" mit einem jährlichen Aufkommen von drei bis vier Milliarden Pfund eine Steuer auf bestimmte Finanztransaktionen.


Ende September 2011 hatte auch die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine Finanztransaktionssteuer vorgestellt. Nach ihren Plänen soll ab 2014 für den Handel mit Aktien und Anleihen eine Steuer von 0,1 Prozent und auf Derivatgeschäfte eine Steuer von 0,01 Prozent entfallen – sofern einer der Handelspartner in der EU ansässig ist. Die Verlagerung der Transaktion an einen anderen Finanzplatz würde dann nichts bringen. Laut Schätzung der Kommission könnte eine Steuer in der gesamten EU den Staaten 57 Milliarden Euro pro Jahr in die Kassen spülen.

"Wir brauchen die Einnahmen dringend, um Konjunkturprogramme gegen die Euro-Krise zu finanzieren", sagt Gesine Lötzsch. "Die Bundesregierung tut hier zu wenig. Während der Weltwirtschaftskrise 2008 hat Deutschland konjunkturstützende Maßnahmen auf den Weg gebracht, die die Wirtschaft vor dem Schlimmsten bewahrt haben. Wir brauchen schnell ein Konjunkturprogramm für Wachstum und Beschäftigung."