Aufbauprogramm gegen den Crash

Kommentar Von Michael Schlecht, Chefsvolkswirt der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

20.09.2011 / IM WORTLAUT, 20.09.2011

DIE LINKE will es, US-Finanzminister Timothy Geithner auch: Ein Aufbauprogramm gegen eine neue Wirtschaftskrise. Nur Europa stellt sich taub. Was gestern noch richtig war – Konjunkturprogramme gegen die Krise – ist heute Teufelszeug. Das Konjunkturprogramm 2009 war viel zu klein und nicht seriös finanziert. Etwa durch eine Millionärsteuer. Hätte man gar nichts unternommen, wäre es jedoch noch dicker gekommen.


Nun stehen die Zeichen wieder auf Absturz. Die US-Wirtschaft schafft kaum neue Jobs. Die europäischen Kürzungsprogramme bis 2014 in Höhe von 400 Milliarden Euro schicken die Wirtschaft auf Talfahrt. Die EU-Kommission prognostiziert, dass die europäische Wirtschaft zum Jahresende nicht mehr wächst. Wenn Europa und die Welt in die nächste Krise rutschen, dann brechen auch die deutschen Exporte weg.

Deshalb muss die schwache Binnenwirtschaft gestärkt werden. Vor allem durch den gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro, die Erhöhung des Arbeitslosengelds II auf 500 Euro sowie ein Aufbau- beziehungsweise Zukunftsprogramm über 125 Milliarden Euro jährlich. Letzteres würde Millionen Jobs in der Industrie sichern, etwa durch die Modernisierung von Zügen und Schienennetz, Investitionen in die Energiewende oder Universitäten. Die bisherige Regelung für Kurzarbeiter muss als Sofortmaßnahme verlängert werden.

Aber es droht nicht nur eine Konjunkturkrise. In Griechenland brach die Wirtschaft im vergangenen Jahr um 4,5 Prozent ein. 2011 wird der Rückgang mindestens fünf Prozent betragen. Kein Wunder, da den Griechen mit Lohn- und Sozialkürzungen ein Rettungsring aus Blei umgehängt wurde. Die Schulden Athens steigen daher, statt zu sinken. So wird es von Quartal zu Quartal immer schwieriger die Vorgaben der Troika von EU, IWF und EZB zu erfüllen.

Ein Aufbauprogramm für Griechenland ist nicht in Sicht. Auch die Staatsfinanzen werden nicht vom Zinswucher und der Despotie der Finanzmärkte befreit. Möglich wäre dies mit einer öffentlichen Bank, die ohne Umweg über die Geschäftsbanken die günstigen 1,5 Prozent EZB-Zinsen an Euro-Staaten weiterreicht. Davor schrecken Merkel und Partner zurück, um den Banken das Geschäft nicht zu vermasseln.

Fällt Griechenland, droht der Crash des Bankensystems. Und schlimmer: Die Zinsen für Spanien, Italien und andere Länder fliegen in den Himmel. Italien ist too big to help, da hilft kein Rettungsschirm dieser Welt. Damit droht der Zusammenbruch des Euros. Eine neue deutsche Währung würde um 40 Prozent aufwerten. Dahin wäre die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft. Neben den Krisenregionen Südeuropas käme die Krisenregion Baden-Württemberg hinzu. Millionen Arbeitsplätze in der Exportindustrie sind bedroht.

Die Bundesregierung schützt mit der vermeintlichen Euro-Rettung zwar Finanzhaie vor Verlusten. Sie tut aber nichts, um die Wirtschaft und Arbeitsplätze vor dem Crash zu schützen. Die europäischen Regierungen sagen, es sei kein Geld da. Richtig ist: Der deutschen Staatsverschuldung von zwei Billionen Euro steht das hochkonzentrierte Netto-Vermögen von acht Billionen Euro gegenüber. Mit einer konsequenten Vermögensbesteuerung könnten Schulden abgebaut und Aufbau- beziehungsweise Konjunkturprogramme finanziert werden.

linksfraktion.de, 20. September 2011