Die Macht der Finanzlobby brechen

Von Sahra Wagenknecht, wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

18.09.2010 / Sahra Wagenknecht, Wöchentliche Kolumne auf linksfraktion.de

Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers vor genau zwei Jahren wurde zum Katalysator der größten Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Unter dem Druck der Finanzlobby beschlossen die Regierungen, jeden notwendigen Betrag zur Stützung der angeschlagenen Finanzbranche zur Verfügung zu stellen, um nicht den Systemzusammenbruch zu riskieren. Das Abwälzen der Rettungskosten auf die Allgemeinheit hat inzwischen die Schuldenquote der öffentlichen Haushalte deutlich ansteigen lassen. Dies wird dazu missbraucht, gravierende soziale Einschnitte zu begründen. Damit sind all diejenigen Verlierer, die auf Leistungen des Staates angewiesen sind. Arbeitslose und Familien, an denen die Bundesregierung kürzt, um die belasteten öffentlichen Haushalte zu sanieren. Ihnen werden die kümmerlichen Leistungen immer weiter zusammengestrichen. Gleichzeitig fahren die Banken in der staatlich abgesicherten Finanzwelt wieder traumhafte Milliardenprofite ein. Ein durchschlagender Erfolg – zumindest für die Banken. Sie machen schon wieder kräftige Gewinne. Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann allein konnte seine Bezüge im vergangenen Jahr um schlappe 580 Prozent auf 9,6 Millionen Euro steigern.

Der Alptraum in der Finanzbranche geht also weiter, auch wenn die reale Wirtschaft sich durch die weltweiten Konjunkturprogramme, von denen die deutsche Exportbranche besonders profitierte, im ersten Halbjahr 2010 stark erholte. Gerade diese Leistungsbilanzüberschüsse zwingen aber andere Länder dazu, ihr Wachstum durch Schulden zu finanzieren. Vor der Pleite von Lehman Brothers war das in den USA der einkommensschwache Konsument, der durch mit Immobilien besicherten Krediten für eine entsprechende Nachfrage sorgte.

DIE LINKE kritisiert die bisher praktizierte Bankenrettung und die laschen Regulierungsvorschläge der Regierung, wie beispielsweise das Restrukturierungsgesetz. Noch immer gibt es weder ein vollständiges Verbot von Leerverkäufen noch eine Bankenabgabe, die den Namen verdient. Nicht einmal eine Finanzmarkttransaktionssteuer wurde eingeführt. Wir fordern weitergehende Konsequenzen. Selbst renommierte Wirtschaftswissenschaftler wie die Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und Paul Krugman haben sich für eine staatliche Kontrolle privater Geschäftsbanken ausgesprochen. Auch wenn sich die Konzepte in Bezug auf Dauer der Verstaatlichung und Vorstellungen demokratischer Kontrolle unterscheiden, so zeigt die Debatte deutlich, dass grundlegende Änderungen überfällig sind.

Darüber hinaus halten wir zur Vermeidung zukünftiger Krisen eine grundlegende Kursänderung in der Wirtschaftspolitik für nötig. Der Massenkonsum darf nicht mehr in erster Linie durch Schulden, sondern er muss durch Umverteilung gesichert werden. Die Bundesregierung zeigt, dass sie diese Lektion aus der Finanzkrise nicht gelernt hat. Sie weigert sich, eine Millionärsteuer einzuführen. Statt dessen setzt sie weiterhin unverdrossen auf eine Politik von Lohndumping und Sozialabbau. Dabei ist es genau diese Politik, die die Krise im Euroraum mit verursacht hat, indem Deutschland mit seiner Wirtschaftsmacht die anderen Länder niederkonkurriert hat.

Die Bundestagsfraktion DIE LINKE organisiert zu diesen Themen am 17. und 18. September zwei Veranstaltungen in der Finanzmetropole Frankfurt: Am 17. September findet eine Podiumsdiskussion mit Sahra Wagenknecht, Hans-Werner Sinn vom Münchener ifo Institut, Autor Max Otte und Herbert Jütten vom Bankenverband statt. Am 18. September lädt die Bundestagsfraktion DIE LINKE gemeinsam mit der Fraktion DIE LINKE im hessischen Landtag zu einer Konferenz ein, um diese Problematik mit namhaften Wissenschaftlern, Journalisten und Bankenvertretern weiter zu diskutieren.