Bankenmacht demontieren

ND-Wirtschaftskolummne von Rudolf Hickel

01.02.2010

Obwohl der jüngste Beinahe-Zusammenbruch der Finanzkonzerne die Unternehmenswirtschaft, die privaten Haushalte sowie die öffentlichen Budgets noch lange belasten wird, häufen sich viele Hinweise auf eine ungebrochene Fortsetzung exzessiver Spekulationsgeschäfte. Hierin spiegelt sich der in der Krise hinzugewonnene ökonomische Machtgewinn der übrig gebliebenen Finanzinstitute wider. Während über die öffentlichen Budgets den Steuerzahlern für die Rettungsaktionen Opfer abverlangt wurden, fließen wieder exorbitante Bonuszahlungen. Die mangelnde Lernfähigkeit ist erschreckend, ja provokant.

Offensichtlich nützen die Schwüre auf den G20-Gipfeln wenig. Die dringend erforderlichen Reformen drohen im Sande zu verlaufen. Genau gegen diese Rückkehr zum Vorkrisengeschäftsgebaren streitet der Präsident der USA, Barack Obama, mit wichtigen Initiativen. Offensichtlich scheut er die Auseinandersetzung mit dem Wall-Street-Komplex nicht. Die Wut der Öffentlichkeit über diese obszönen, weil vom Staat großteils geretteten Profiteure der Finanzwelt weiß er durchaus zu nutzen.

Im Kern geht es Obama um die Zerschlagung der Konzernkonglomerate. Diese in die Zukunft gerichtete Politik wird durch eine Sonderabgabe ergänzt. Sie dient einer Beteiligung der wieder profitablen Banken an den zur Rettung eingesetzten öffentlichen Mitteln. Darüber hinaus will Obama die Aufsicht aller Institute und Geschäfte zur Vermeidung von exzesshaften Spekulationen stärken.

Zur Entmachtung der Banken dürfen Finanzinstitute, die dem Kredit- und Einlagengeschäft nachgehen, nicht mehr im groß angelegten Spekulationsgeschäft im Bereich des Investmentbankings mit hochriskanten Konstruktionen tätig werden. Umgekehrt, Investmentbanken bleibt das normale Geschäft untersagt. Dadurch wird der Staat nicht mehr erpressbar, wenn eine Bank in die Krise geraten sollte. Dies dient auch dem Schutz des Bankensystems. Schließlich ist mit den abenteuerlichen Spekulationsgeschäften eine Krise des gesamten Finanzsektors mit verheerenden Folgen für die Produktionswirtschaft ausgelöst worden.

Da ist es nur logisch, wenn rückblickend die Großbanken auch in die Finanzierung der ungedeckten Mittel für die öffentlichen Rettungsprogramme einbezogen werden. Die geschätzte Summe der bisher ungedeckten Finanzmittel beläuft sich auf 120 Milliarden Dollar. Mit einer Sonderabgabe von 0,15 Prozent auf die jeweilige Bilanzsumme der insgesamt 50 größten Geldhäuser wird die Privatisierung dieser Lasten durchgesetzt. Sie rechtfertigt sich als eine Gegenleistung für verantwortungslose Geschäftsbanken, die den Staat in die Finanzierung des gesamten Bankensystems gezwungen haben.

Die scharfe Kritik an diesen Reformvorschlägen macht deutlich, wie die Finanzkonzerne mit ihren weitverzweigten Lobbyisten diese Bändigung der Macht zu verhindern versuchen. Es geht daher um die Frage, ob die Politik noch die Gestaltungsmacht gegenüber den »Big Playern« auf den Finanzmärkten haben wird. Schließlich nützt die Durchsetzung einer dienenden Finanzmarktarchitektur durch Aufspaltung und Regulierungen am Ende allen.

Jetzt ist auch die Bundesregierung gefordert, sich für diese Demontage des krisenverursachenden Kasinokapitalismus einzusetzen. Erste schüchterne Versuche zur Beteiligung der Banken an den Krisenkosten reichen nicht aus. Es bestätigt sich der Verdacht: Statt die Bankenmacht einzuschränken, bleibt es beim Kuschelkurs zu Lasten der Mehrheit der Bevölkerung.

Neues Deutschland, 29. Januar 2010