Globaler Crash

10.03.2009 / jW-Bericht

Die Wirtschaft wird nach Einschätzung der Weltbank in diesem Jahr erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg nicht nur in einzelnen Regionen, sondern global schrumpfen. Deshalb werde auch der Welthandel auf den niedrigsten Stand seit 80 Jahren zurückgehen, erklärte die Weltbank in ihrer am Sonntag veröffentlichten Prognose. Unter anderem wird für Mitte 2009 ein Rückgang der Industrieproduktion um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erwartet. Nach stetigem Wachstum in den vergangenen Jahren werde der Rückgang des Handels vor allem Ost­asien treffen. China, Indien und andere Schwellenländer der Region sind in starkem Maß von Exporterlösen auf dem US-amerikanischen Markt abhängig, die im laufenden Jahr aber dramatisch zurückgehen werden.

Besonders betroffen von der Krise sind dem Bericht zufolge die ärmsten Länder. Allein bei der Gruppe von 129 am wenigsten entwickelten Staaten sei in diesem Jahr mit Fehlbeträgen von 270 Milliarden bis 700 Milliarden Dollar zu rechnen. Bei diesen Größenordnungen seien auch die internationalen Finanzinstitutionen überfordert, erklärte die Weltbank. Sie wären nicht einmal in der Lage, die Untergrenze des vorausgesagten Defizits abzudecken. Diese Staaten litten auch besonders stark unter den Handelsrestriktionen, die von reicheren Staaten zur Abschottung der heimischen Märkte wieder zunehmend verhängt würden. In Afrika hätte ferner ein Einbruch der Rohstoffpreise für einige Länder gravierende Folgen, da diese kaum über andere Einnahmequellen verfügten.

Die Weltbank geht davon aus, daß es durch die globale Finanzkrise für Entwicklungsländer schwerer wird, sich Darlehen zu verschaffen. Soweit diese Staaten überhaupt noch Kredit bekämen, würden dessen höhere Kosten und der sinkende Cashflow zu geringeren Investitionen und einer Verlangsamung des Wachstums führen. Zudem sei zu befürchten, daß viele Länder im Zuge der Krise ihre Zahlungen für Entwicklungshilfe einschränken würden, obwohl immer mehr Staaten dringend darauf angewiesen seien. Die Bank rief zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Industriestaaten, internationalen Finanz­institutionen und privater Wirtschaft auf. »Die globale Krise verlangt nach einer globale Lösung«, sagte Weltbankchef Robert Zoellick. »Wir brauchen Investitionen in soziale Sicherheitsnetze, Infrastruktur, in kleine und mittlere Unternehmen, um Arbeitsplätze zu schaffen und um soziale und politische Unruhen zu vermeiden.«

Nach Schätzungen der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) hat die Wirtschaftskrise im vergangenen Jahr den Wert der globalen Finanzanlagen um den enormen Betrag von 50 Billionen Dollar verringert. Allein in Asien liege der Wertverlust bei 9,6 Billionen Dollar. Das ist mehr als das Bruttoinlandsprodukt des Kontinents im vergangenen Jahr. Man befinde sich in der »bei weitem ernsteste Krise der Weltwirtschaft seit der großen Depression«, sagte ADB-Präsident Haruhiko Kuroda. Er fürchte, »es wird alles noch schlimmer, bevor es besser wird«.

Der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds, Michel Camdessus, forderte bei einer Tagung der ADB schnelle und radikale Reformen des internationalen Finanzsystems. Er schlug die Einrichtung einer neuen internationalen Leitungsgruppe unter Schirmherrschaft der Vereinten Nationen vor.