Finanzkrise setzt Kanzlerin zu

Krisentreffen in London ohne Deutschland / CSU pocht weiter auf Steuersenkungen

09.12.2008 / Neues Deutschland

Während die Bundesregierung vehement dementiert, dass beim britisch-französischen Sondertreffen mit dem EU-Kommissionspräsidenten Deutschland »bewusst« ausgegrenzt wurde, steht Kanzlerin Angela Merkel zu Hause weiterer Ärger mit der Schwesterpartei CSU und den Banken bevor.

Berlin (Agenturen/ND). Kanzlerin Angela Merkel pocht auf Einstimmigkeit in der EU bei den anstehenden Entscheidungen zur Stützung der Konjunktur. Darüber könne nur gemeinsam entschieden werden, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag in Berlin. Er reagierte damit auf ein Sondertreffen des britischen Premierministers Gordon Brown mit Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zur Finanzkrise, das am Montag in London stattfand. »Es macht keinen Sinn und wird auch gar nicht versucht, sich gegen andere Mitglieder zu positionieren«, sagte Wilhelm. Es sei abwegig, aus dem Treffen in London eine bewusste Ausgrenzung Deutschlands zu konstruieren. Am Donnerstag und Freitag beraten die 27 EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel über ein 200-Milliarden-Euro-Konjunkturprogramm und das heftig umstrittene Klimaschutzpaket.

Angesichts einer weiter schleppenden Kreditversorgung der Wirtschaft will sich die Bundesregierung erneut mit den Banken beraten. Bei einem Krisentreffen von Kanzlerin Merkel am kommenden Sonntag mit Vertretern der Finanzwirtschaft werde die unzureichende Kreditvergabe Schwerpunktthema sein, kündigte Regierungssprecher Wilhelm an. Korrekturen an dem 500-Milliarden-Euro-Rettungspaket für Banken schloss die Regierung aber derzeit ebenso aus wie Zwangsmaßnahmen für Kreditinstitute.

Die CSU streitet derweil mit Merkel weiter über Steuersenkungen. Parteichef Horst Seehofer nannte am Montag nach einer Sitzung des CSU-Vorstands eine Entlastung der Bürger von zehn Milliarden Euro im nächsten Jahr als Zielgröße. Er verlangte eine Entscheidung bei dem Treffen der Großen Koalition am 5. Januar.

Die Kommunen forderten angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise eine stärkere Unterstützung durch Bund und Länder. Die im Rahmen des Konjunkturprogramms vorgesehenen günstigen Kredite würden vielen Kommunen aufgrund ihrer hohen Verschuldung nicht helfen, sagte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, am Montag. Viele Städte und Gemeinden seien bereits so verschuldet, dass die Kommunalaufsicht keine weiteren Kredite mehr zulasse. Insgesamt sei die Situation der Kommunen dramatisch, sagte Landsberg. Allein für die mehr als 40 000 Schulen seien bis 2020 rund 73 Milliarden Euro notwendig, um sie »unter energetischen Gesichtspunkten auf den Stand der Zeit zu bringen«. Beim Straßenbau und dem öffentlichen Nahverkehr gebe es einen Investitionsbedarf von 38 Milliarden Euro.

Der Autokonzern Daimler reagiert auf seine dramatische Absatzkrise mit massiver Kurzarbeit. Allein im größten Pkw-Werk in Sindelfingen sind davon ab Januar für knapp drei Monate 20 000 Mitarbeiter betroffen.